Marlene Hausegger
Ausstellungseröffnung: 20.11.2012, 19 – 22 Uhr
Ausstellungsdauer
– 10.01.2013
Einführung:
Dr. Angela Stief, freie Kuratorin
24.11.2012: “Open Studio Day” 11 – 17 Uhr>
im Zuge der Vienna Art Week
2012/ Gallery Weekend
The
artist is present.
projektraum
viktor bucher
a 1020 vienna, praterstrasse 13/1/2
t/f +43 (0) 1 212 693 0
m +43 (0) 676 561 988 0
www.projektraum.at
Öffnungszeiten:
Di-Fr 14-19 Uhr, Sa
11-15 Uhr
Es ist
nicht Grafitti, es ist nicht Street Art und es hat nur bedingt mit Land Art zu
tun – wenn überhaupt, dann sind manche von Marlene Hauseggers Arbeiten Land Art
en miniature – trotzdem färbt etwas
von diesen traditionellen Dispositiven einer suberversiven Markierungslust
öffentlicher Räume auf ihre Arbeit ab. Es geht der Künstlerin jedoch nicht um
die ästhetische Eroberung territorialer Weitläufigkeiten oder um die aggressive
´Verwundung` der architektonischen Außenhäute repräsentativer oder administrativer
Architekturen, sondernum beinahe
beiläufige Interventionen an jener Kante, wo das Öffentliche und das Private
aufeinandertreffen, kollidieren, gelegentlich ineinanderwuchern. Sie stellt die
Frage nach der Tyrannei einer ubiquitären Verwaltung und Verwertung des Raumes
und ist auf der Suche nach jenen Interzonen, die noch nicht erfasst und
kartographiert sind oder schon wieder aufgegeben wurden. Jener ´Nicht-Orte`,
die herausgehoben scheinen aus dem Raum-Zeit-Kontinuum und sich im Sinne einer
kapitalistischen Akkumulationslogik als nutzlos erweisen, aber gerade in ihrer
Vergessenheit abseits des geschäftigen Betriebes wie magische Paralleluniversen
aufleuchten. ´Stop making Sense`, wenn der Sinn nur in der Renditeabschöpfung
attraktiver Innenstadtlagen besteht, nicht aber, wenn eine Brache im Zentrum
als blinder Fleck die vermeintliche Hellsichtigkeit von Stadtplanern und
Immobilientycoonen ad absurdum führt. Ein solcher Ort, gleichermaßen
überbelichtet wie im allgemeinen Bewußtsein unsichtbar, ist das Jonasreindl am
Schnittpunkt mehrerer Straßenbahnlinien, dessen ungepflegte kreisförmige
Rasenfläche Marlene Hausegger mit einer Schaumspirale markiert hat. „Spiral
Jetty“ als evasive, zeitgebundene Skulptur zur Formierung einer temporären
autonomen Zone.
Marlene
Hauseggers Kunst ist selbsterklärtermassen vom situationistischen détournement geprägt, der ästhetischen
Umwidmung gesellschaftlich determinierter Zonen oder Verhaltenscodices. Was sie
betreibt, ist in vielen Fällen eine doppelte Neucodierung: Zum einen geht dem détournement ein dérive voraus, ein zielloses und zweckentbundenes Flanieren in
jenen Gebieten, wo die urbanen Agglomerationen wild und unbeherrschbar werden
und das in glücklichen Momenten zu Entdeckungen wie jenem verlassenen Bereich
der römischen Cinecittá führt, wo Skelette von Filmkulissen an längst
vergangene Zeiten erinnern und Feuerstellen und improvisierte Schlafplätze
längst von illegitimen ´Nachnutzungen` erzählen.
Zum
anderen werden jene (Nicht)-Orte, die durch Zeit und Sekundärgebrauch bereits detourniert sind, in der fotografischen
oder zeichnerischen Dokumentation mittels subtiler Zeicheneinschreibung noch
einmal gewendet und in ihren neuen Erscheinungs- und Verwendungspotentialen
transparent gemacht. Bei dem Cinecittá-Foto wurden Buchstaben ausgeschnitten
und nach vorne geklappt, die das Wort PSEUDO ergeben und die plane Abbildung
ins Dreidimensionale ausstülpen. Skulpturales Foto?Foto-Skulptur? Die Suggestion von Potemkin`schen Dörfern,
von Kulissen des Glamours und der Macht schwingt hier ebenso mit wie in anderen
Arbeiten von Marlene Hausegger. Etwa bei „Cleaning Jean Nouvel“, wo ein
Nachbargebäude sich in der Fassade des architektonischen ´Landmarks` am
Donaukanalspiegelt. Die
Architektur und ihr profanes Double, der barocke Spiegelsaal in die Vertikale
zeitgenössischer gestalterischer Hybris verlängert. Jahrmarkt der Eitelkeiten
und Vanitasgefühl als Embleme eines zeitgenössischen Turbo-Existentialismus.
Marlene
Hausegger nimmt den großen Kunst-Ideologemen des 20. Jahrhunderts gerne ihre
Erdenschwere und macht daraus handliche, handhabbare Anekdoten. So wie in der
Skulptur „Balkon“, die in Form und Materialität an eine Zirkustrommel erinnert
und den ganzen Erinnerungsballast des fatalen politischen Verführungszaubers und
der halböffentlichen Proklamation in sich trägt, ohne ihren Auftritt mit
apodiktischer Wucht zu zelebrieren.
Kunst
als ludisches Mikro-Spektakel, als Glasperlenspiel, das die Brennpunkte
zeitgenössischer Urbanität wie mit einem virtuellen Skateboard umkreist und im
Vorbeiflitzen visuelle Kryptogramme (oder auch handfeste Messages) auf dem
Körper der Dinge hinterläßt. Entgrenzung der Kraftlinien, Tätowierung aktueller
Seinsbefindlichkeiten. No sleep ´til Ottakring!
Thomas
Miessgang