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Metastasen_tief

Christian Eisenberger



Einladung zur Ausstellungseröffnung am Mittwoch, den 19.09.2007, 19-22 Uhr
Ausstellungsdauer bis 31.10.2007

projektraum viktor bucher
a-1020 wien, praterstrasse 13/1/2
t/f +43 1 2126930
projektraum@sil.at
www.projektraum.at



* Weitere Ausstellungen / Beteiligungen 2007:


OPEN ART 2007 „7 Galerien aus Wien“, 13.-16.09.2007
Rathausgalerie, München

Dispari&Dispari Project, Oktober 2007, Reggio Emilia / Italy

„HARD ROCK WALZER“ – Contemporary Austrian Sculpture, 03.11.2007 - 25.03.2008
VILLA MANIN – Centre for Contemporary Art / Italy



Christian Eisenberger
Metastasen – tief

Christian Eisenberger kombiniert in seiner raumgreifenden Installation „Metastasen – tief“ großformatige Zeichnungen, welche die Wände des Projektraumes Viktor Bucher überwuchern, mit dem interventionistischen Element eines durch den Totenkopf eines Widders archaisch wirkenden Rammbocks, der bereits von der Straße durch eine darauf gehisste EU-Flagge sichtbar ist. Christian Eisenberger bekannt für seine Interventionen im öffentlichen Raum, sprengt auch in seinem aktuellen Projekt „Metastasen – tief“ institutionelle und gesellschaftspolitische Grenzen und dringt mit dem Rammbock durch das Fenster des Projektraumes in den urbanen Außenraum der Praterstraße vor.

Christian Eisenberger gelingt es, in seiner wuchernden räumlichen Intervention „Metastasen – tief“ eine Ebene der Sichtbarkeit und Artikulation von Kunst zu erreichen, die durch den Einsatz von Zeichnungen, Skulpturen und Videos mit unterschiedlichen medialen Realitäten konfrontiert. Themen der Zeichnungen sind Politik, Kunst, Künstlerexistenzen, Kunstmarkt, Kapital, Sex, Pornografie, Fetisch, Leben und Tod. Aber auch die Widersprüche und Manipulationen demokratischer Regeln werden durch politische Querverweise aufgegriffen.

Christian Eisenberger beherrscht die Techniken, doch er malt antimalerisch und nimmt die gegenwärtige Rolle der Kunst und deren Interpretationsmodelle auseinander. In seinen gefundenen und wiederverwerteten Objekten und Fotografien reflektieren sich verblasste Geschichten, tauchten Ikonen der Populärkultur auf, um durch ihre Neubearbeitung aktuelle Kontexte dessen zu erschließen, wo individuelle und kollektive Erfahrungen aufeinanderprallen. Affichistische Techniken dringen durch unterschiedliche Klebemethoden. Werbeplakate werden übermalt und der Übergang zwischen Image, Bild, Sprache und Slogan herausgearbeitet. Insofern funktioniert die Strategie äußerst konzeptuell, indem Bildliches und sprachliche Elemente entweder extrem vergrößert werden oder das Motiv weniger in seiner Bedeutung, als in seiner affektiven und intensivierten Wertigkeit als Ausrufzeichen dient.

In der impulsiven Verdichtung individueller Momente vermag die Installation „Metastasen – tief“, unterschiedliche Verflechtungen freizulegen und den Referenzrahmen immer wieder neu zu spannen. Ob bildlich oder textlich kommunizieren die Zeichnungen miteinander und fügen sich zu einem Metatext. Signum der Durchlässigkeit sind auf formaler Ebene, Verdichtungen, Entzerrungen, aber auch Leerstellen.

Durch den Titel „Metastasen – tief“ stellt Christian Eisenberger keine Deutungsfallen, sondern macht Kunst bewusst extrem angreifbar. Der Reflex zum Gegenangriff scheint fast unvermeidlich. Fotografien, Malutensilien, Dosendeckeln und Schichten von unterschiedlichen Lacken oder zum Totenkopf formierte Zuckerwürfel bilden Ausgangsmaterialien. Passfotos und Szenarien aus anonymen Familienalben verleihen den Zeichnungen einen intimen Beigeschmack. Die Möglichkeit aus der Fülle von eingefügten Texten sich auf eine semiotische Jagd zu begeben, lässt Phrasen wie „Sleeperling“, „Achtung Kosmos“ oder „Bedingungslos-Defekt“ auftauchen. In „Eat Oil Fear“ gelangt ein Kampf der Materialien zum Ausdruck, der sich auf die emotionale Ebene durch das Einbeziehen des englischen Ausdrucks für Angst überträgt. In der Nachbildung eines Totenkopfes mit Zuckerwürfeln wird auf Damien Hirsts mit Diamanten besetzten Totenkopf angespielt, dem derzeit teuersten Kunstwerk eines lebenden Künstlers. Derartig subtil wird von Christian Eisenberger die Kunst als marktunabhängiges Kampffeld erneut eingefordert. Kunst ist hier ein Werkzeug, um sich mit der Realität zu konfrontieren. Der Todeskampf der Heuschrecken in einer Zigarettenpackung transformiert sich zum Action Painting.

Selbst die Haarpuppen, welche „abjektartige“ Formen durch die Umwickelung mit Klebebändern annehmen, entwickeln ein Eigenleben, indem sie sich zerbeult und frivol auf dem Boden der Installation tummeln. Aus den Haarfetischen formen sich mythologische Populationen, die nicht bloß individuellen Mythologien folgen, sondern allegorisierte Parabeln zu abgespaltenen, verdrängten Bewusstseinsinhalten bilden. Die im Fetisch gespeicherte Kraft könnte durch performative Akte aktiviert werden, die Medien wie Skulptur und Video kompatibel macht. Insofern funktionieren die Videos „Peter Eisenmann - 2007.08.06“ oder „Staaten Europas“ (2007) äußerst skulptural. Aus Umwickelungen mit Klebestreifen entstandene Negativformen, Hülsen des eigenen Körpers verschmelzen mit einem Stuhl zu einer Installation. Symptomatischerweise liefert der Titel „Metastasen-tief“ einen Aspekt, um der vermeintlichen Rundum-Behaglichkeit spätkapitalistischer Regressionsbedürfnisse entgegenzuwirken, die auch den Kunstbetrieb infiltrieren. Territorialen Verein-nahmungen laufen Sinnsprüche wie „Nur ein kleines Stück von der Welt, aber ein großes für mich“ zuwider.

Ursula Maria Probst






Einladung